Eilverfahren nach Betriebsprüfung - DRV Bund trägt die Kosten
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) macht nach einer Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV bei unserer Mandantin eine Nachforderung in fast siebenstelliger Höhe geltend. Dagegen wurde Klage erhoben. Zudem wurde die Aussetzung der Vollziehung bis zum Abschluss des Klageverfahrens bei der DRV Bund beantragt. Eine Reaktion der Rentenversicherung darauf erfolgt - wie leider immer wier zu beobachten - nicht. Daher musste ein Eilverfahren zum Sozialgericht Landshut angestrengt werden, um die Aussetzung der Vollziehung zu erreichen. Kurz nach Antragsgeingang bei Gericht erklärte die DRV dann, die Vollziehung antragsgemäß vorläufig auszusetzen. Daraufhin wurde das Eilverfahren für erledigt erklärt und beantragt, die Verfahrenskosten der Berliner Behörde aufzuerlegen. Diese wehrte sich mit verschiedenen Argumenten gegen die Kostentragung. Die gerichtliche Entscheidung war dann aber eindeutig und unmissverständlich:
"...Dem steht nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers entgegen mit Blick darauf, dass der Antragsteller sich nicht vor Antragstellung bei Gericht nochmals an die Antragsgegnerin gewandt hat. Dabei kann dahinstehen, ob ein Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, die aufschiebende Wirkung anzuordnen, voraussetzt, dass der Antragsteller zuvor bei der Behörde eine Aussetzung der Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG beantragt hat (vgl. zum Streitstand Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 17.06.2024), Rn. 153 mit weiteren Nachweisen). Denn selbst wenn man annimmt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag bei Gericht nur besteht, wenn sich der Antragsteller zuvor mit seinem Aussetzungsbegehren an die Behörde gewandt hat, ist diese Voraussetzung vorliegend erfüllt. Der Antragsteller hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 08.05.2024, bei der Antragsgegnerin eingegangen am selben Tag, die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Eine Obliegenheit, sich vor Antragstellung des Gerichts nochmals an die Antragsgegnerin zu wenden, bestand nicht. Der Antragsteller durfte vielmehr erwarten, dass die Antragsgegnerin sich binnen der gesetzten Frist von zehn Tagen entweder in Form einer Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung oder in Form einer Bitte um Fristverlängerung oder um die Vorlage weiterer Unterlagen an ihn wendet. Selbst wenn – wie von der Antragsgegnerin vorgetragen – der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wegen des Feiertages am 09.05.2024 und des hierauf folgenden Brückentages und Wochenendes erst am 13.05.2024 in den zuständigen Fachbereich gelangt ist, bestand bis zum Fristablauf ausreichend Zeit, um entweder über den Antrag zu entscheiden oder etwa unter Anforderung weiterer Unterlagen um Fristverlängerung zu bitten. Dabei kann dahinstehen, ob die Frist von zehn Tagen gemäß Schreiben vom 08.05.2024 am 18.05.2024 – einem Samstag – oder in entsprechender Anwendung von § 193 BGB am darauffolgenden Werktag und damit – infolge des Feiertags am 20.05.2024 – am 21.05.2024 geendet hat. Denn die Antragsgegnerin hat auch am 21.05.2024 noch nicht auf das Schreiben vom 08.05.2024 reagiert. Zwar hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.05.2024 weitere Unterlagen bei dem Antragssteller angefordert. Ein Zugang dieses Schreibens beim Bevollmächtigten des Antragstellers vor dem 27.05.2024 ist jedoch nicht feststellbar. Selbst wenn man also annimmt, dass die Frist gemäß Schreiben vom 08.05.2024 erst am 21.05.2024 endete, so wäre zwar die Antragstellung bei Gericht um einen Tag zu früh erfolgt. Mit Ablauf des 21.05.2024 wäre jedoch das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers entstanden und der Antrag zulässig geworden. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10.07.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2024 waren bei Erledigung des Rechtsstreits gegeben..."
(SG Landshut, Beschluss vom 23.07.2024 - S 7 BA 20/24 ER)