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Wirksame Zustellung eines Strafbefehls an einen Sprachunkundigen nur mit Übersetzung

Am 17.03.2021 erließ das Amtsgericht Hof einen Strafbefehl gegen unseren eritreischen Mandanten wegen gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung. Der Strafbefehl war in deutscher Sprache verfasst. Gegen den Strafbefehl Rechtsanwalt Klose nach Beauftragung am 22.04.2021 mit Schriftsatz vom 22.04.2021 Einspruch ein.  Mit Beschluss vom 10.05.2021 verwarf das Amtsgericht Hof den Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Hof vom 17.03.2021 mangels Wahrung der zweiwöchigen Einspruchsfrist als unzulässig.

Zu Unrecht. Das Landgericht hob den Verwerfungsbeschluss vom 10.05.2021 auf:

"Das Amtsgericht Hof hat den Einspruch des Angeklagten zu Unrecht als verfristet verwor fen. Denn der Strafbefehl vom 17.03.2021 ist dem Angeklagten bis zum heutigen Tag noch nicht wirksam zugestellt worden, weshalb die hiergegen eröffnete Einspruchsfrist von zwei Wochen (§ 410 Abs. 1 StPO) noch gar nicht in Gang gesetzt worden ist.

Eine wirksame Zustellung des Strafbefehls vom 17.03.2021 an den der deutschen Sprache nicht (ausreichend) mächtigen Angeklagten setzt gemäß § 37 Abs. 3 StPO die Beifügung einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache (Tigrinya oder Arabisch) voraus. Der Begriff „Urteil“ in § 37 Abs. 3 StPO ist im Licht des Europäischen Rechts dahin auszulegen, dass hiermit auch Strafbefehle gemeint sind. Nach dem EuGH enthält ein Strafbefehl Ele mente einer Anklageschrift, aber auch eines Urteils, der EuGH stellte dementsprechend fest, dass sich ein Beschuldigter, der den Strafbefehl mangels Deutschkenntnissen nicht versteht, nicht ordentlich verteidigen könne. Ein Strafbefehl sei damit im Sinne der EU-Richtlinie eine „wichtige Unterlage“, die zu übersetzen sei (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.10.2017 – C-278 / 16 = NZV 2017, 530 mit Anmerkung von Sandherr).
 
Für die Frage der Wirksamkeit der Zustellung steht, soweit im Übrigen die Voraussetzun-gen des § 37 Abs. 3 Satz 1 StPO vorliegen, nach heute wohl vorherrschender Auffassung - der sich die Kammer anschließt - ein Strafbefehl danach einem Urteil gleich. Daraus folgt die Konsequenz, dass die Zustellung an einen sprachunkundigen Adressaten nur wirksam ist, wenn eine Übersetzung des Strafbefehls beigefügt wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl.[2021., § 37 Rn. 31; BeckOK StPO/Larcher, 39. Ed. 1.1.2021, StPO § 37 Rn. 45 ff.; KK-StPO/Maul, 8. Aufl. 2019, StPO § 37 Rn. 30; jeweils m.w.N.; LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 31.3.2020 – 18 Qs 16/19, BeckRS 2020, 17408 Rn. 34, 35, beck-online).
Damit ist es gleichfalls Sache des Gerichts, von Amts wegen aufzuklären, ob der Beschwerdeführer den Strafbefehl verstehen konnte. Dieser Nachweis ist aufgrund der von der Beschwerdekammer veranlassten Ermittlungen nicht zu führen: Am Tag der Kontrolle dolmetschte ein anwesender Bekannter des Beschwerdeführers, nach dem Eindruck der ermittelnden Polizeibeamtin konnte der Beschwerdeführer einfachen Sätzen folgen, hatte jedoch Schwierigkeiten, sich zu artikulieren. Nach der Mitteilung des zuständigen Ausländerbehörde hat der Angeklagte bislang nicht an einem Deutschkurs teilgenommen. Der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse, im Sinne einer ausreichenden Verteidigungsfähigkeit des Angeklagten konnte damit nicht geführt werden."
 
(LG Hof, Beschluss vom 03.08.2021 - Az. 4 Qs 67/21)
 

 

 

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