Aktuelles Sozialrecht (Archiv 2016)
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den Entscheidungen und Meldungen in aller Regel um Einzelfallentscheidungen handelt, die nicht ohne weiteres auf andere Fälle übertragen werden können und eine Rechtsberatung im konkreten Fall nicht ersetzen können.
Sozialrecht - Busfahrer ohne eigenen Bus ist nicht selbständig
Die Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ist im Bereich des Sozialrechts von großer Bedeutung, denn an eine abhängige Beschäftigung bringt üblicherweise die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung mit sich, während selbständige Tätigkeiten – zumindest für den Auftraggeber – sozialversicherungsfrei sind. Unternehmen haben daher häufig ein großes wirtschaftliches Interesse daran, mit Selbständigen zusammen zu arbeiten. Die Sozialversicherungsträger, besonders die Rentenversicherung im Rahmen eines Statusverfahrens oder einer Betriebsprüfung, haben hingegen regelmäßig ein Interesse daran, eine Tätigkeit als abhängig zu qualifizieren. Abhängige Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV), die zugrunde liegende vertragliche Gestaltung, etwa als Arbeitsvertrag oder als Vertrag über freie Mitarbeit, ist nachrangig. Nach diesen Vorgaben ist ein Busfahrer ohne eigenen Bus als abhängig Beschäftigter einzuordnen. Die Tätigkeit als Busfahrer kann zwar wie die Tätigkeit als Lkw- bzw. Pkw-Fahrer im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wie auch als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Für die Beurteilung kommt es jedoch entscheidend darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug einsetze. Berufskraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug sind regelmäßig abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig (LSG Hessen, 24.11.2016, Az. L 1 KR 157/16).
(16.12.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Anspruch auf Arbeitslosengeld trotz bestehendem Arbeitsverhältnis
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung (§ 136 SGB III). Weitere Voraussetzungen – neben der Arbeitslosigkeit – sind die Arbeitslosmeldung bei der Arbeitsagentur und die Erfüllung der Anwartschaftszeit. Der Begriff der Arbeitslosigkeit meint hier aber nicht nur den Fall, dass der betroffene Arbeitnehmer nicht in einem Arbeitsverhältnis, wie z.B. nach einer Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags, steht. Arbeitslosigkeit kann, wie eine aktuelle Entscheidung zeigt, auch dann gegeben sei, wenn noch ein Beschäftigungsverhältnis besteht. Meldet sich ein Beschäftigter arbeitslos, der sich wegen Mobbings nicht in der Lage sieht, an seinem Arbeitsplatz tätig zu sein, kann er Arbeitslosengeld beanspruchen. Für die Arbeitslosigkeit genügt eine faktische Beschäftigungslosigkeit, beispielsweise indem das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht anerkennt wird Eine förmliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht notwendig. Auch der Wunsch, die bisherige Beschäftigung nach einer Versetzung fortzusetzen steht dem Arbeitslosengeldanspruch nicht entgegen (Sozialgericht Dortmund, 10.10.2016, Az. S 31 AL 84/16).
(08.12.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Pflegeversicherungsrecht) - Leistungskürzung wegen Pflegeversicherungsbetrugs
Gerade in den vergangenen Monaten wurde im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung (SGB XI) in den Medien immer wieder über „Pflegebetrug“ im großen Stile berichtet, gar von einer „Pflegemafia“ war immer wieder die Rede. In Bezug auf ambulante Pflegedienste hat dies zu erweiterten Kotrollmöglichkeiten durch das 3. Pflegesicherungsgesetz geführt. Daneben erwarten die auf Seiten der Pflegedienste beteiligten Personen Strafverfahren wegen des Verdachts des Betrugs. Dass Pflegeversicherungsbetrug nicht nur für die Pflegedienste bzw. deren Mitarbeiter rechtliche Konsequenzen haben kann, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Berlin. Das Sozialamt darf nach dieser Entscheidung die Sozialhilfe eines Pflegebedürftigen rückwirkend um die Geldbeträge kürzen, die dieser von einem betrügenden Pflegedienst als Belohnung für ihr Mitwirken beim Abrechnungsbetrug („Kick-back”-Zahlungen) erhalten hat (SG Berlin, 26.10.2016, Az. S 145 SO 1411/16 ER).
(08.11.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Mehrfacher Befangenheitsantrag unzulässig
Nach § 60 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Wird ein Befangenheitsantrag über den bereits entschieden wurde, lediglich mit denselben Gründen wiederholt, ist das erneute Ablehnungsgesuch als unzulässig zu verwerfen (LSG München, 29.09.2016, Az. L 16 SF 233/16 AB).
(28.10.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Rentenversicherungsrecht) - Unverwertbarkeit eines Gutachtens im Rentenprozess
In Sozialgerichtsprozessen um die Gewährung von Erwerbsminderungsrenten spielen in aller Regel medizinische Sachverständigengutachten eine ausschlaggebende Rolle, um die Erwerbsfähigkeit des Rentenantragstellers beurteilen zu können. Sehr häufig müssen auch psychiatrische Sachverständigengutachten eingeholt werden. Um vor Gericht Berücksichtigung zu finden, müssen medizinische Gutachten bestimmten fachlichen und rechtlichen Standards entsprechen. Werden diese Standards nicht eingehalten, kann das Gutachten nicht verwertet werden. Ein psychiatrisches Gutachten ist grundsätzlich nicht verwertbar, wenn bei der Exploration und Anamneseerhebung Dritte anwesend und beteiligt waren. Insbesondere die Anwesenheit des Ehepartners begegnet durchgreifenden Bedenken (LSG, Baden-Württemberg Urteil, 22.9.2016, Az. L 7 R 2329/15).
(25.10.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Beweislast für einen Meldepflichtverstoß
Arbeitslose haben sich während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Aufforderung zur Meldung kann zum Zwecke der Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen, Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen (§ 309 SGB III). Kommen SGB II-Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer rechtmäßigen Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, mindert sich das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 % des Regelbedarfs, ausser der Leistungsberechtigte kann einen wichtigen Grund für das Verhalten darlegen und nachweisen (§ 32 SGB II). Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Meldeaufforderung ist insbesondere, dass die Meldung einem der in § 309 SGB III genannten Meldezwecke dient. Dient die Meldeaufforderungen keinem dieser Zwecke, ist sie rechtswidrig und kann keine Sanktion nach § 32 SGB II nach sich ziehen. Ist streitig, ob der Meldezweck legitim war, trägt das Jobcenter die Darlegungs- und Beweislast, mit der Folge, dass es zu Lasten des Jobcenters geht, wenn der konkrete Zweck nicht mehr nachvollziehbar ist, etwa weil die Meldeaufforderung nicht in die Behördenakte aufgenommen wurde (Sozialgericht Augsburg, 30.09.2016 , Az. S 8 AS 822/16 ).
(19.10.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Amtsermittlungsgrundsatz gilt auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
Der Erlass einer Eilanordnung nach § 86b SGG erfordert die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur ab Antragstellung bei Gericht für die Zukunft anzunehmen ist. Auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor den Sozialgerichten gilt der Grundsatz der Amtsermittlung (§ 103 SGG), d.h. das Gericht erforscht den Sachverhalt (hier: streitgegenständlich war eine Haushaltshilfe nach § 38 SGB V) von Amts wegen und die Beteiligten sind dabei heranzuziehen(LSG München, 28.09.2016, Az. L 5 KR 466/16 B ER).
(13.10.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Focus: Mathias Klose zählt zu den Top-Anwälten Deutschlands
Rechtsanwalt Mathias Klose gehört zu den Top-Anwälten in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Befragung, die das Datenunternehmen Statista für das Nachrichtenmagazin Focus durchgeführt hat. Mathias Klose ist im Fachbereich Sozialrecht ausgezeichnet worden. Die Anwälte, die in der Focus-Anwaltsliste geführt sind, erhalten die Auszeichnung „Top Rechtsanwalt 2016“. Weiter...
(06.10.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Krankenversicherungsrecht) - Krankengeld im Wege der einstweiligen Anordnung
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Sozialgericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn durch die zu erwartende längere Dauer des normalen Hauptsacheverfahrens die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; man spricht dann von einer sog. Sicherungsanordnung. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG aber auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint; man spricht dann von einer so. Regelungsanordnung. Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, also das Bestehen eines Anspruchs auf die in Streit stehende Sozialleistung, und eines Anordnungsgrundes, in der Regel das Bestehen von besonderer Eilbedürftigkeit, voraus. Einstweilige Anordnungen nach § 86b Abs. 2 SGG begegnen sehr häufig im Zusammenhang mit existenzsichernden Leistungen, beispielsweise im Zusammenhang mit den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II („Hartz IV“) oder mit den Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Jedoch kann eine einstweilige Verfügung auch im Bereich des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V), etwa wenn der Anspruch auf Krankengeld streitig ist, erlassen werden. Ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit liegt vor, wenn der Betroffene ohne den Bezug von Krankengeld auf die niedrigen Leistungen nach dem SGB II angewiesen ist. Der vorläufige Anspruch auf Krankengeld darf im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mit der Begründung versagt werden, dass wegen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II kein wesentlicher Nachteil drohe (LSG Bayern, 22.08.2016, Az. L 5 KR 274/16 B ER).
(21.09.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Anspruch auf SGB II-Leistungen für Auszubildende ab dem 1. August 2016
Auszubildende, deren Ausbildung nach den §§ 51, 57 und 58 SGB III förderungsfähig ist, sind nach § 7 Abs. 5 SGB II in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung von über § 27 SGB II hinausgehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Sie sind in § 7 Abs. 5 SGB II in der ab dem 01.08.2016 geltenden Fassung nicht mehr genannt und können daher bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Arbeitslosengeld II aufstockend zu ihrer Ausbildungsvergütung und einer ggf. zu beanspruchenden Berufsausbildungsbeihilfe, die gemäß § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist, erhalten (LSG Bayern, 09.08.2016, Az. L 16 AS 366/16 B ER).
(15.09.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Berücksichtigung von Einkommen eines Familienangehörigen im SGB II rechtmäßig
Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit für die Gewährung existenzsichernder Leistungen (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG) kann grundsätzlich unabhängig von einem Unterhaltsanspruch das Einkommen und Vermögen von Personen berücksichtigt werden, von denen in der familiären Gemeinschaft zumutbar zu erwarten ist, dass sie tatsächlich füreinander einstehen und „aus einem Topf“ wirtschaften. Die Vorschriften § 7 Abs. 3 Nr. 2, § 9 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II begegnen daher keinen (verfassungs-) rechtlichen Bedenken. Insbesondere liegt jedenfalls bei 2-Personen-Bedarfsgemeinschaften kein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG vor (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016, Az. 1 BvR 371/11).
(07.09.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Rechtsprechungsänderung zum Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen
In der Praxis ist immer wieder streitig, ob und wann eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, z.B. eine Weihnachtsfeier oder ein Sommerfest, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen und damit Unfälle von Mitarbeitern bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung Arbeitsunfälle i.S.d. § 8 SGB VII sein können. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts war es auch erforderlich, dass an der Gemeinschaftsveranstaltung die Unternehmensleitung persönlich teilnehmen musste. Andernfalls stand die Veranstaltung nicht unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz. An dieser Rechtsprechung hält das Bundessozialgericht nicht mehr fest. Ausreichend dafür, dass eine Betriebsfeier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, ist, dass allen Mitarbeitern des jeweiligen Teams offensteht und die jeweilige Sachgebietsleitung oder Teamleitung teilnimmt. Eine Teilnahme der Unternehmensleitung ist hingegen nicht mehr erforderlich (BSG, 05.07.2016, Az. B 2 U 19/14 R).
(24.08.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Strafrecht für Sozialrechtler - Der “Hartz IV-Betrug”
In der aktuellen Ausgabe 4/2016 der Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht aus dem Nomos Verlag (info also) ist der Aufsatz Strafrecht für Sozialrechtler - Der "Hartz IV-Betrug" von Rechtsanwalt Mathias Klose veröffentlicht. Der Aufsatz befasst sich mit den häufigsten praktischen Problemen und Fragestellungen im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wegen des Verdachts des Sozialleistungsbetrugs (Weiterlesen: info also 2016, 157-161).
(23.08.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Anforderungen an eine wirksame Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901a Abs. 1 S. 1, 2 BGB). Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt (§ 1901a Abs. 2 S. BGB). Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet (§ 1904 Abs. 1 BGB). Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem in der Patientenverfügung zum Ausdruck kommenden Willen des Betreuten entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB). Eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB entfaltet unmittelbare Bindungswirkung nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen noch keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen (BGH, 06.07.2016, Az. XII ZB 61/16).
(17.08.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Entschädigungsrecht) - Keine Opferentschädigung nach medizinisch notwendiger Operation
Wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 S. 1 OEG). Selbst wenn eine Operation als vorsätzliche Körperverletzung einen strafbaren ärztlichen Eingriff darstellen würde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Gewalttat im Sinn des § 1 OEG vorliegt, wenn die Operation zum Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv, also aus Sicht eines verständigen Dritten, jedenfalls auch dem Wohl des Patienten gedient hat (Bayer. LSG, 21.07.2016, Az. L 15 VG 31/14 ).
(04.08.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Bewerbungsbemühungen nur bei Kostenübernahme
Eingliederungsvereinbarungen im SGB II sind als öffentlich-rechtliche Verträge jedenfalls dann nichtig, wenn sich das Jobcenter unzulässige Gegenleistungen versprechen lässt. Dies ist der Fall, wenn die in den Vereinbarungen bestimmten Bewerbungsbemühungen unangemessen im Verhältnis zu den vom Jobcenter übernommenen Leistungsverpflichtungen zur Eingliederung in Arbeit sind, z.B. keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen für die Bewerbungsbemühungen vorsehen, insbesondere keine Regelungen zur Übernahme von Bewerbungskosten enthalten. Bewirbt sich der Betroffene daraufhin nicht, kann er vom Jobcenter nicht sanktioniert werden (BSG, 23.06.2013, Az. B 14 AS 30/15 R).
(20.07.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Unfallversicherungsrecht) - Unfallversicherungsschutz im Home-Office
Auf Wegen zur Nahrungsaufnahme innerhalb der eigenen Wohnung für Beschäftigte in einem Home-Office besteht kein Unfallversicherungsschutz. Es handelt sich nicht um einen Betriebsweg, sondern um den Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit um den unversicherten persönlichen Lebensbereich (BSG, 05.07.2016, Az. B 2 U 5/15 R).
(15.07.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Rentenversicherungspflicht eines selbständigen Versicherungsmaklers
Selbstständige sind in der Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn sie keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI). Auftraggeber sind im Falle eines selbstständigen Versicherungsmakler, der an einen Maklerpool angebunden ist, nicht die vielen Endkunden des Versicherungsmaklers, sondern der Maklerpool. Entscheidend hierfür ist, dass der Kläger wirtschaftlich von diesem abhängig und damit sozial schutzbedürftig ist. Durch den Maklerpool erlangt der Kläger Zugang zu den einzelnen Versicherungsgesellschaften. Er kann den Endkunden durch die Zusammenarbeit mit dem Maklerpool bessere Angebote unterbreiten. Schließlich ist er auch auf die Erledigung der Verwaltungsarbeiten durch diesen angewiesen (Bayer. LSG, 03.06.2016, Az. L 1 R 679/14 ).
(01.07.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Befangenheit eines Sachverständigen im Sozialgerichtsprozess
Die auf seiner Homepage publizierten Äußerung eines Sachverständigen, die zwar die Annahme der Befangenheit gegenüber einer Prozesspartei noch nicht rechtfertigen, aber eine subjektiv kritisch Distanz zu von bestimmten Prozessparteien herangezogenen Ärzten erkennen lassen, geben grundsätzlich Anlass zur Prüfung, ob sein Gutachten im Hinblick auf Befunderhebung und ärztliche Bewertung auf fachlichen Überlegungen beruht oder seine gutachterlichen Ausführungen von der zum Ausdruck gebrachten Einstellung gegenüber Dritten geleitet sind (LSG Baden-Württemberg, 20.5.2016, Az. L 8 U 5044/13).
(07.06.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Antragsgenehmigung durch Untätigkeit einer Krankenkasse“
Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden, andernfalls gilt die Leistung, wenn kein hinreichender Grund für die Fristüberschreitung vorliegt und dem Versicherten mitgeteilt wird, als genehmigt (§ 13 Abs. 3a SGB V). Die drei sowie die fünfwöchige Frist des § 13 Abs. 3a SGB V ist jeweils eine Entscheidungsfrist und soll den Krankenkassen vollumfänglich zur Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Der Bescheidbekanntgabe innerhalb der Fristen bedarf es daher nicht. Es genügt, wenn eine Entscheidung innerhalb der Fristen getroffen und zur Übermittlung gegeben wird (Bayerisches LSG, 25.04.2016, Az. L 5 KR 121/16 B ER).
(18.05.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht - Sozialversicherungsrechtlicher Status eines „gastronomischen Leiters“
Ein Koch, der als gastronomischer Leiter auf Schienenkreuzfahrten nach Tagessätzen bezahlt wird, auf Rechnung der Betriebsinhaberin einkauft und mit deren Mitarbeitern zusammenarbeitet, ist abhängig beschäftigt. Der branchenübliche Einsatz eines eigenen hochwertigen Messerkoffers und professioneller Kochtöpfe stellt dann keinen unternehmertypischen Einsatz von Wagniskapital dar (LSG Baden-Württemberg, 27.4.2016, Az. L 5 R 2484/14).
(11.05.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Unfallversicherungsrecht) - Bandscheibenvorfall als Arbeitsunfallfolge
Die Feststellung eines unfallbedingten Bandscheibenvorfalls setzt den Nachweis knöcherner oder disco-ligamentärer Begleitverletzungen der betroffenen Wirbelkörper oder der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur voraus (SG Karlsruhe, 26.4.2016, Az. S 1 U 1567/15).
(04.05.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Bekanntgabe eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids
Ein Verwaltungsakt ist nach § 37 Abs. 1 S. 1 SGB X demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird; erst mit Bekanntgabe wird der Verwaltungsakt wirksam. Ein an einen Minderjährigen zu ergehender Verwaltungsakt, konkret ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II) ist jedoch an den gesetzlichen Vertreter zu adressieren, um wirksam bekannt gegeben zu werden. Ein an den Minderjährigen adressierter Verwaltungsakt wird auch bei zufälliger Kenntnisnahme des gesetzlichen Vertreters nicht wirksam bekannt gegeben (SG Osnabrück, 16.03.2016, S 22 AS 802/15).
(25.04.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Rentenversicherungsrecht) - Versicherungspflicht von Apothekern in der gesetzlichen Rentenversicherung
Ein Versicherter ist von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, wenn er wegen seiner Beschäftigung Pflichtmitglied in einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständigen Kammer war, was anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen ist. Gemäß Art. 53 Abs. 1 Nr. 1 HKaG sind Mitglieder der Landesapothekerkammer alle zur Berufsausübung berechtigten Apotheker, die in Bayern als Apotheker tätig sind oder ohne als Apotheker tätig zu sein, in Bayern ihre Hauptwohnung haben. Eine Legaldefinition, wann das Gesetz von einer Tätigkeit „als Apotheker“ ausgeht, fehlt jedoch. Dementsprechend vertritt die Deutsche Rentenversicherung in Befreiungsverfahren die Auffassung, dass die Approbation als Apotheker zwingende Voraussetzung für die Ausübung einer apothekerlichen Tätigkeit und damit für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht sei. Diese Rechtsauffassung ist jedoch falsch, wie das Sozialgericht München aktuell wieder entschieden hat. Die von Rentenversicherungsträger aufgestellte Befreiungsvoraussetzung, dass die Approbation als Apotheker zwingende Voraussetzung für die Ausübung einer apothekerlichen Tätigkeit sein muss, lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ableiten. Sie würde dazu führen, dass alleine Tätigkeiten in einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke befreiungsfähig wären. Eine Befreiung ist vielmehr für alle Tätigkeiten zu erteilen, die zum wesentlichen Kernbereich der pharmazeutischen Tätigkeit gehören, etwa die Tätigkeit als Study Manager Clinical Operations (SG München, 21.03.2016, Az. S 15 R 10/16).
(30.03.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Krankenversicherungsrecht) - Gebärdensprachkurs auf Kosten der Krankenkasse
Gesetzliche Krankenkassen müssen bei Bedarf für Kosten von Sprachkursen zum Erlernen der Gebärdensprache aufkommen. Die Teilnahme an solchen Kursen ist als Krankenbehandlung einzustufen, für die die Krankenkassen im Falle medizinischer Notwendigkeit aufzukommen haben (SG Koblenz, 01.03.2016, S 14 KR 760/14).
(24.03.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Aufrechnung im Bereich des SGB II ist verfassungsgemäß
Die Träger von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) können gegen Ansprüche von Leistungsberechtigten auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufrechnen mit bestimmten Ersatz- und Erstattungsansprüchen. Die Aufrechnungshöhe kann nach § 43 SGB II bis zu 30 % des Regelbedarfs betragen. Diese gesetzliche Aufrechnungsmöglichkeit ist verfassungsgemäß und verletzt nicht das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums des Artikel 1 Abs. 1, Artikel 20 Abs. 1 GG (BSG, 09.03.2016, Az. B 14 AS 20/15 R).
(23.03.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Arbeitsbelastung und Urlaub rechtfertigen behördliche Untätigkeit nicht
Die urlaubsbedingte Abwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters und ein steigender Arbeitsanfall bei einer Sozialbehörde (hier: Jobcenter) rechtfertigen es nicht, über einen über drei Monate hinausgehenden Zeitraum nicht über einen Widerspruch zu entscheiden. In einem solchen Fall ist eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) begründet (SG Landshut, 08.03.2016, Az. S 5 AS 271/15).
(15.03.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Pflegerecht) - Verfassungsbeschwerde gegen den „Pflegenotstand“ erfolglos
Pflegebedürftige Personen haben gemäß § 43 Abs. 1 SGB XI (soziale Pflegeversicherung) Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt. Die Beschwerdeführer fürchteten, aufgrund ihres Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim zu bedürfen und wollten durch Erhebung der Verfassungsbeschwerde auf Missstände in deutschen Pflegeheimen, den sog. Pflegenotstand, aufmerksam machen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde aber nicht zur Entscheidung angenommen, sondern als unzulässig erachtet, da eine Verletzung einer grundrechtlichen Schutzpflicht durch grundgesetzwidriges Unterlassen des Gesetzgebers sowie die eigene und gegenwärtige Betroffenheit der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei (BVerfG, 11.01.2016, Az. 1 BvR 2980/14; PM 12/16).
(11.03.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Krankenversicherungsrecht) - Anspruch gegen die Krankenkasse auf bariatrische Operation
Für eine Magenbypass-Operation sahen die Sozialgerichte bislang u.a. ein durchlaufenes sechs- bis zwölfmonatiges ärztlich geleitetes und überwachtes multimodales Therapiekonzept als erforderlich an. Das Sozialgericht Düsseldorf hält dies nun aber nicht mehr für zwingend erforderlich. Auch ein medizinisches Sachverständigengutachten kann insoweit ausreichend sein (SG Düsseldorf, 24.09.2015, S 27 KR 351/14; PM 25.02.16).
(26.02.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Reformen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und im Recht der Arbeitsförderung/Arbeitslosenversicherung (SGB III)
Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom 3. Februar zwei Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag beschlossen. Das Neunte Gesetz zur Änderung des SGB II (Rechtsvereinfachung) enthält im Wesentlichen die Umsetzung von Vorschlägen zur Vereinfachung des Leistungs- und Verfahrensrechts des SGB II. Darüber hinaus werden mit dem Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz – AWStG) Vereinbarungen zu einer präventiven und aktivierenden Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik umgesetzt. Kern des Entwurfs ist eine Stärkung der Instrumente der beruflichen Weiterbildung im SGB III, die auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung finden werden (PM des BMAS vom 03.02.2016).
(05.02.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Rentenversicherungsrecht) - "Mütterrente" ist verfassungsgemäß
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in einer jüngst veröffentlichten Grundsatzentscheidung das Gesetz der Großen Koalition zur besseren Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bestätigt. Die Beschränkung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor dem 01.01.1992 geboren worden sind, ist verfassungsgemäß (LSG NRW, 15.12.2015, Az. L 21 R 374/14; PM 27.01.2016).
(28.01.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Sozialversicherungsrecht) - Sozialversicherungsrechtlicher Status von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern
In der Praxis oftmals streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status von Gesellschafter-Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). In der Regel ist nach der bisherigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung derjenige Gesellschafter selbständig, der über mindestens 50 % des Stammkapitals verfügt, da dieser die Geschicke und Geschäfte der GmbH maßgablich beeinflussen kann. Auch als Selbständiger und nicht als abhängig Beschäftigter ist in der Regel derjenige Gesellschafter anzusehen, der zwar nicht über mindestens 50 % des Stammkapitals verfügt, aber aufgrund besonderer gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen alle Beschlüsse der übrigen Gesellschafter verhindern kann, er also eine umfassende Sperrminorität besitzt. In der jüngeren Vergangenheit ließen manche Landessozialgerichte eine - nicht im Gesellschaftsvertrag - geregelte Stimmbindungsvereinbarung oder ein - nicht im Gesellschaftsvertrag - vereinbartes Veto-Recht des Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ausreichen, um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Selbständigkeit anzunehmen. Das Bundessozialgericht teilt diese gesellschafterfreundliche Sichtweise nicht. Ein dem Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Anstellungsvertrag mit der GmbH außerhalb des Gesellschaftsvertrags eingeräumtes Veto-Recht gegen mehrheitlich gefasste Beschlüsse der Gesellschafterversammlung rechtfertigt nicht die Annahme seines sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbstständiger. Eine derartige Regelung ist zwar gesellschaftsrechtlich möglich, sozialversicherungsrechtlich aber unbeachtlich (BSG, 11.11.2015, Az. B 12 KR 10/14 R). Dasselbe gilt für einen ausserhalb des Gesellschaftsvertrags abgeschlossenen, auf einheitliche Stimmabgabe gerichteten Stimmbindungsvertrag zwischen Gesellschaftern. Denn - wie beim Veto-Recht - prägen Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage die Entscheidung zum sozialversicherungsrechtlichen Status nicht im Sinne einer strikten Parallelwertung zwingend, sondern können nur Indizwirkung haben (BSG, 11.11.2015, Az. B 12 KR 10/14 R).
(22.01.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)
Sozialrecht (Arbeitslosenrecht) - Übernahme der Kosten der Unterkunft durch den SGB II-Träger bei Mietwucher
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden durch das Jobcenter in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Bei dem Verdacht der Mietpreisüberhöhung im Sinne des § 5 Abs. 1, 2 WiStrG 1954 oder des Mietwuchers nach § 138 Abs. 2 BGB gilt bis zur ordnungsbehördlichen Klärung zunächst der vereinbarte Mietzins als tatsächliche Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (SG Hannover, 03.11.2015, Az. S 70 AS 3566/15 ER).
(15.01.2016 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht & Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose)