Antrag nach § 109 SGG
Vor dem Sozialgericht hängt der Ausgang eines Prozesses in vielen Fällen vom Ergebnis eines medizinischen Sachverständigengutachtens ab. Beispielsweise ist die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) im Behindertenrecht, der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht, das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im Krankenversicherungsrecht oder das Vorliegen einer Berufskrankheit im Unfallversicherungsrecht in aller Regel nur unter Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen zu klären. Zumeist wird ein Sachverständiger ohne Weiteres durch das Gericht bestimmt und vernommen; die Rechtsgrundlage findet sich in § 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG. Kommt der ärztliche Sachverständige in seinem Gutachten zu einem für den Kläger unerwünschten Ergebnis, verneint er etwa das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, einer Berufskrankheit oder erachtet er den GdB oder die Erwerbsminderung als zu gering, bleibt, wenn das Gericht nicht von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten anordnet, um einen positiven Ausgang des Rechtsstreits zu erreichen, die Möglichkeit, ein Gutachten nach § 109 SGG zu beantragen. Der Kläger soll auf diese Weise einen Arzt seiner Wahl und seines Vertrauens in das Sozialgerichtsverfahren einbringen können.
Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden (§ 109 Abs. 1 S. 1 SGG).
Eine Musterformulierung für einen Gutachtenantrag gem. § 109 SGG von Rechtsanwalt & Fachanwalt für Strafrecht & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose finden Sie nachfolgend:
"Maximilian Mustermann
Musterstr. 1
93049 Regensburg
Regensburg, den 28.09.2020
An das
Sozialgericht Regensburg
Safferlingstr. 23
93053 Regensburg
Antrag gemäß § 109 SGG
In dem Rechtsstreit
des Maximilian Mustermann, Musterstraße 1, 93049 Regensburg
-Kläger-
gegen
die Musterbehörde Sozialrecht, Musterstraße 2, 93049 Regensburg
-Beklagte-
wird gemäß § 109 SGG beantragt,
Herrn Dr. med. Martin Beispielsarzt, Facharzt für innere Medizin, Musterstraße 3, 93049 Regensburg, gutachtlich zu hören. Er soll insbesondere zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum Stellung nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift"
Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 S. 2 SGG). Von dieser Reglung wird in der sozialgerichtlichen Praxis nahezu immer Gebrauch gemacht. Der Antragsteller wird nahezu immer aufgefordert, eine Erklärung zur Kostenübernahme abzugeben und einen Vorschuss, üblicherweise € 1.500,00 - 3.500,00 zu leisten. Der Antrag nach § 109 SGG muss daher insbesondere aus wirtschaftlichen Erwägungen wohl überlegt sein. Eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung erleichtert die Entscheidung hier erheblich.
Der Antrag nach § 109 SGG kann vom Gericht nur dann abgelehnt werden, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (§ 109 Abs. 2 SGG).
Für Ihre Fragen stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht gerne zur Verfügung.