Nachforderung aus Betriebsprüfung um 84 % reduziert durch A1-Entsendebescheinigungen
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Abteilung 23 - Prüfdienst) machte gegen unseren Mandanten nach einer Betriebsprüfung (§ 28p SGB IV) eine Nachforderung in Höhe von 296.508,99 € geltend. Unser Mandant hatte tschechischen Mitarbeiter als selbständig eingestuft und somit keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Nach Ansicht der DRV handelte es sich aber um Scheinselbständige, also um Personen die gerade nicht selbständig tätig waren, sondern abhängig beschäftigt mit der Folge, dass von unserem Mandanten als Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten gewesen wären. Diese Beiträge forderte die Rentenversicherung nun zusammen mit Säumniszuschlägen durch Bescheid vom 21.11.2019 nach. Gegen den Bescheid vom 21.11.2019 wurde durch uns Widerspruch erhoben. Der Widerspruch war erfolgreich.
Die Nachforderung konnte von 296.508,99 € auf 48.088,30 € reduziert werden, also um rund 84 %.
Das Widerspruchsverfahren zog sich lange Zeit hin. Zwischenzeitlich wurde sogar Untätigkeitsklage erhoben, um das Verfahren zu beschleunigen. Im Widerspruchsverfahren wurde im Wesentlichen damit argumentiert, dass es gar nicht entscheidend darauf ankommt, ob die betroffenen tschechischen Mitarbeiter selbständig tätig oder abhängig beschäftigt i.S.d. § 7 SGB IV waren. Jedenfalls bei den meisten. Denn für die meisten tschechischen Mitarbeiter konnten nachträglich im Widerspruchsverfahren noch A1-Entsendebescheinigungen vorgelegt werden.
Eine A1-Entsendebescheinigung bestätigt die Eingliederung des Mitarbeiters in ein ausländisches Sozialversicherungssystem mit der Folge, dass er auch bei einer Beschäftigung in Deutschland nicht sozialversicherungspflichtig ist. Die A1-Bescheinigung muss sowohl von den (Sozial-) Behörden als auch den Gerichten sowohl im Herkunftsland als auch in dem Land beachtet werden, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Die Bescheinigung entfaltet Rückwirkung, wenn sie erst nachträglich ausgestellt wird, was rechtlich möglich ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 06.09.2018, Az. C-527/16 - "Alpenrind").
Mit der der Rechtsprechung des EuGH folgenden Argumentation im Widerspruchsverfahren konnte ein großer Erfolg für unseren Mandanten erzielt und die Nachforderung aus der stattgefundenen Betriebsprüfung um rund 250.000,- € reduziert werden (Bescheid der DRV Bund vom 27.01.2023, Az. 2304-...22).