Im medizinisch geprägten Sozialrecht ist neben juristischer Fachkompetenz häufig auch medizinische Fachkompetenz streitentscheidend. Insbesondere medizinische Sachverständigengutachten haben für den Ausgang des Verfahrens höchste Bedeutung. Die Sozialgerichte bringen Sachverständigengutachten auf medizinischem Gebiet üblicherweise großes Vertrauen entgegen und übernehmen den Inhalt oft unkritisch, oft mit der formelhaften Begründung, das Gutachten sei nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Ist ein Gutachten für den Mandanten negativ, bestätigt es also die medizinischen Leistungsvoraussetzungen nicht, beispielsweise die medizinischen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung, ist aufgrund des unkritischen Umgangs der Sozialgerichte mit Sachverständigengutachten oft davon auszugehen, dass ein Prozess verloren wird. In manchen Fällen hilft eine stichhaltige Argumentation und Stellungnahme gegen das Gutachten, etwa wenn der Sachverständige seinem Gutachten einen falschen Sachverhalt zugrunde legt, formelle Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Gerichtsgutachtens nicht einhält, der offenkundig fachlich ungeeignet ist, der sich als befangen erweist oder seinen Auftrag überschreitet. in vielen Fällen gelingt es aber nicht, ein medizinisches Gutachten mit juristischen Mitteln im Ergebnis zu entkräften.Um dieses Problem zu lösen, gibt das SGG dem Kläger in einem Sozialgerichtsverfahren die Möglichkeit, zu beantragen, einen bestimmten Arzt gutachterlich zu hören (§ 109 SGG). Ein solches Gutachten nach § 109 SGG kann, wenn es zu einem anderen Ergebnis kommt als das Erstgutachten, eine Wendung im Prozess herbeiführen und das Klageverfahren in die Erfolgsspur (zurück) bringen.